Lofoten
Mit der Kamera durch Norwegen
Inhalt
Meine Mama hat immer gesagt, ich soll nicht zu fremden Männern ins Auto steigen. Normalerweise kommt dabei nichts Gutes heraus. Heißt der Mann allerdings Frederik Lindström und ist CEO von Nordic Kayaks, so versagt diese Binsenweisheit. Was man nämlich dann erlebt, ist ein Outdoor-Abenteuer, an das man sich gern erinnert.
Einmal Lofoten und zurück. So könnte die Kurzfassung dieser Reise lauten. Was so einfach klingt, war ein dichtgepackter Roadtrip durch Schweden und Norwegen, voller einprägsamer Momente, kleinerer Pannen und vor allem: Der Möglichkeit Bilder einzufangen, die den Betrachter in die Schönheit Skandinaviens und des Paddelns eintauchen lassen.
Anreise
Das Projekt nahm seinen Anfang vor ein paar Monaten, als Gordan Habrecht anfragte, ob ich Interesse hätte für Nordic Kayaks als Fotograf mit auf die Lofoten zu fahren. Die Ursprungsidee war, in Stockholm von Volvo ein Auto gestellt zu bekommen und dann gemeinsam mit Gordan, Frederik und Emma Levemyr nach Norwegen zu reisen. Kann man zu so einem Auftrag nein sagen?
Wie das jedoch bei solchen Ideen häufig so ist, kommt meist etwas dazwischen bzw. muss der Zeitrahmen angepasst werden. So konnten aufgrund eines wichtigen Wettkampfes Emma und Gordan erst in Bodø zu uns stoßen. Um trotzdem genügend Zeit vor Ort zu haben, waren wir verbliebenen zwei gezwungen, in anderthalb Tagen 1200 Kilometer zurück zu legen.
So fand ich mich sonntags, nach einer langen Arbeitswoche, einer kurzen Nacht und 5 Stunden Flug, im Auto mit Frederik wieder. Bisher hatten wir nur ein paar WhatsApp-Nachrichten ausgetauscht. Jetzt fuhren wir mit einem vollgeladenen Volvo XC90 und drei Kayaks auf dem Dach durch die Wälder des schwedischen Lapplands. Gestoppt wurde nur, um zu tanken, kurz mal die Drohne steigen zu lassen oder wenn Rentiere uns den Weg versperrten. Trotz des straffen Zeitplans sammelten wir bereits hier die ersten Aufnahmen. Je weiter wir Richtung Norwegen kamen, umso dramatischer wurde die Szenerie. Die Berge wurden schroffer und nördlich des Polarkreises tauchte der Schnee alles in ein strahlendes Weiß.
Auf Locationsuche in Bodø
Am Nachmittag des zweiten Tages erreichten wir Bodø, wo wir die anderen beiden vom Flughafen abholen wollten. Leider hatte Gordans Flugzeug ein Ölleck und er würde erst am kommenden Tag zu uns stoßen. So waren wir gezwungen, unseren Plan an diesem Abend die Fähre zu den Lofoten zu nehmen erneut über den Haufen werfen. Wie bereits erwähnt, läuft bei so einem Trip nie alles so, wie man es sich vorgestellt hat. Flexibel zu reagieren, ist eine der wichtigsten Fähigkeiten bei einem Auftrag wie diesem.
Zum Glück kannte sich Emma in der in der Gegend ein wenig aus. Sie arbeitet ebenfalls für Nordic Kayaks und weiß als erfahrene Surfski-Athletin, wo die besten Spots und Bedingungen sind, um erstklassige Fotos zu schießen. Den Rest des Tages nutzten wir zum Location-Scouting. Frederik, Emma und ich suchten nach der perfekten Kombination aus Strand, Wellen und schneebedeckten Bergen im Hintergrund. Fündig wurden wir in Mjelle, ca. 30 Minuten von Bodø entfernt.
Schon die Fahrt dorthin ließ mich nicht mehr aus dem Staunen herauskommen. Wer auch immer behauptet hat, Norwegen ist ein Traum für Landschaftsfotografen, hat nicht übertrieben. Auch Frederik und Emma waren Feuer und Flamme. Am Strand angekommen, zogen sie sich ihre Neopren- und Trockenanzüge an und erkundeten die Gegend mit dem Kayak. Die perfekte Gelegenheit für mich, um ein paar Testaufnahmen einzufangen.
Einerseits war es schade, dass wir einen ganzen Tag auf den Lofoten verlieren würden. Andererseits war ich dankbar darum, an diesem Abend statt auf der Fähre in einem richtigen Bett zu schlafen. Zudem entspricht es eher meiner Arbeitsweise, ordentlich vorbereitet in ein Shooting zu gehen und die Location wenigsten einmal vorher gesehen zu haben.
Fotoshooting am Hovdsundet-Strand
Am Morgen des folgenden Tages kehrten wir nach Mjelle zurück. Zum Glück lag der Strand noch im Schatten, sodass wir es nicht so eilig hatten. So weit im Norden geht die Sonne bereits um 4:30 Uhr auf. Mit dem Morgenlicht zu fotografieren, hatten wir uns also abgeschminkt. Außerdem musste ein weiteres Problem gelöst werden: Unser Ziel, der Hovdsundet-Strand, war effizient ausschließlich über den Seeweg zu erreichen. Zwar hatten wir drei Boote, aber nur zwei Paddel und einen Fotografen, der bisher noch nie auf der offenen See gepaddelt war. Die praktische Lösung: Frederik und Emma nahmen mich in die Mitte. Während ich die Boote zusammenhielt, paddelten sie im Kanadierstil unseren provisorischen Trimaran übers Meer. Auch eine Art, zur Arbeit zu pendeln.
Das Shooting selbst verging wie im Flug. Vor so einer Kulisse ist es schwer, keine guten Bilder abzuliefern. Trotzdem bedarf es einiges an Durchhaltevermögen. Manche mögen ob der 4 Grad Wasser- und 9 Grad Lufttemperatur Gänsehaut bekommen. Eingemummelt in einen Fließeinteiler und Trockenanzug genoss ich jedoch jede Sekunde. Wie heißt es so schön: Wenn Du klasse Bilder willst, musst Du nah heran.
Gegen Mittag stieß schließlich auch Gordan zu uns. Gemeinsam fingen wir noch einige Aufnahmen mit der Drohne ein, bevor wir wieder zurück mussten, um am Nachmittag die Fähre zu erwischen. Diesmal hatten wir sogar genug Equipment, damit ich allein über die Norwegische See paddeln konnte. Ein Erlebnis zwischen Euphorie und einer gewissen Portion Respekt. Schließlich hatte ich keine Ahnung, wie man in so einen Surfski wieder einsteigt (unter Profis „Remount“ genannt). Dank der fachkundigen Anweisung Emmas schaffte ich es trockenen Fußes zurück zum Parkplatz. Hier wartete bereits Frederik auf uns. Nach einem köstlichen Mahl aus Instant-Nudeln fuhren wir zum Hafen von Bodø und auf die Fähre.
Die Überfahrt vom norwegischen Festland zur Inselgruppe der Lofoten dauert ungefähr 3 Stunden. Vor ein paar Jahren hätte man diese Zeit womöglich genutzt, um sich ein wenig auszuruhen. Da ich allerdings dafür engagiert war, Inhalte für die Social-Media-Kanäle unserer kleinen Gruppe bereitzustellen, saß ich während solcher „Pausen“ oft am Smartphone oder Laptop. So war es möglich interessierte Follower in Echtzeit an diesem Trip teilhaben lassen.
Goldene Stunde am Flakstad-Strand
Als wir gegen 20:00 Uhr ankamen, hätte ich gut und gerne ins Bett fallen können. Leider oder zum Glück begann jetzt die goldene Stunde. Die Fahrt zum nächsten Strand dauere etwa 45 Minuten, die Sonne ging um 21:30 Uhr unter. Wir waren uns alle einig, dass wir es wenigstens versuchen mussten, ein paar Aufnahmen zu erhaschen. Was soll ich sagen? Das Glück ist mit den Tüchtigen.
Am Flakstad-Strand angekommen, sprangen Gordan und Emma in ihre Paddelklamotten und ich machte die Drohne und Kameras startklar. Trotz des engen Zeitfensters hatten wir am Ende ein paar stimmungsvolle Aufnahmen im Kasten. Manche gehören zu meinen liebsten der ganzen Tour. Dankbar und um eine intensive Erfahrung reicher, fielen wir nach einem 16-Stunden-Tag alle erschöpft ins Bett.
Locationsuche auf den Lofoten
Als wir am nächsten Morgen aus dem Fenster schauten, hing dicker Nebel in der Bucht. Frederik hatte uns für diese Nacht ein Ferienhaus im klassischen skandinavischen Stil organisiert: mit rotem Anstrich, weißen Fensterläden und einem Ausblick über den Hafen von Ballstad. In der Luft lag der Geruch von Stockfisch, was zwar perfekt zur Szenerie passt, aber nicht unbedingt der Nase schmeichelt. Der luftgetrocknete Dorsch ist eine Spezialität der Lofoten und man sieht die zum „reifen“ aufgehängten Fische an jeder Ecke. Selbstverständlich habe ich es mir nicht nehmen lassen, diese Delikatesse selbst zu probieren. Was soll ich sagen? Es schmeckt nicht ganz so schlimm, wie es riecht.
Nachdem unsere Kaffeetassen gelehrt waren und der Nebel sich gelichtet hatte, drehten wir eine Runde zu den nahegelegenen Buchten. Wir hatten die Wahl zwischen dem Unstad- und dem Haukland-Strand. Der Erste ist berühmt unter Surfern, während Letzterer als Traumziel für Fotografen gilt. Letztlich waren den anderen dann doch hohe Wellen wichtiger als die atemberaubende Landschaft. Und so zog dieser Fotospot an mir vorbei, ohne dass ich wenigsten kurz ausstieg, um ein paar Bilder zu machen. Aber wir sind ja nicht nur zum Vergnügen hier.
Wellenreiten am Unstad-Strand
Bevor Gordan und Emma sich in die Fluten stürzten, gönnten wir uns die angeblich „weltbesten“ Zimtschnecken im nahegelegenen Surf-Shop. Dabei diskutierten wir, wie und von wo man am besten einfing, wie die beiden mit ihren Kajaks auf den Wellen surften.
Tatsächlich ist das gar nicht so trivial. Zunächst musste ich verstehen, dass klassische Surfer und Surfski-Athleten nicht gleichermaßen auf der Dünung reiten. Während man mit dem Surfbrett auf die Brecher wartet, um auf der Brandung in Richtung Strand zu rauschen, jagen die Kanuten die Welle, die sich vor Ihnen aufbaut. Hinzu kam, dass das Ufer steinig war. Während ich meine Mühe hatte mit der der schweren Ausrüstung von Findling zu Findling zu springen, verließen Gordan und Emma immer dann die Wellen, wenn es für mich spannend wurde. Selbst mit meinem 400mm Teleobjektiv hatte ich daher Probleme, die Aktion nah heranzuholen. Hinzu kam, dass durch die Distanz und die tosenden Wellen eine Kommunikation praktisch unmöglich war.
Ein wenig frustriert legten wir nach zwei Stunden eine Pause ein. Fredrik hatte wieder einmal auf dem Campingkocher Trockennahrung zubereitet. So hielt er die Moral der Truppe aufrecht. Wir beschlossen es nochmal aus einem anderen Winkel auf der gegenüberliegenden Seite des Strandes zu probieren. Nachdem ich verstanden hatte, wo das Problem lag, war es möglich die beiden so zu positionieren, dass sie wiederholbar in kurzer Entfernung an mir vorbei rauschten. Und unser Durchhaltevermögen wurde am Ende mit eindrucksvollen Bildern belohnt.
Wie immer saß uns die Zeit im Nacken und so packten wir am späten Nachmittag alles zusammen und begaben uns auf den Rückweg. Gerade noch rechtzeitig erreichten wir die Fähre, die uns zurück nach Bodø bringen würde. Am nächsten Tag brachten wir Emma und Gordan zum Flughafen. Anschließend ging es für Frederik und mich Richtung Stockholm.
Schön war’s
Vier Tage dauerte die An- und Abreise. Keine 24 Stunden hatten wir auf den Lofoten verbracht. Gerne hätte ich mehr Zeit gehabt, diese unglaublichen Inseln zu erkunden. Natürlich fragt man sich da, ob es sich gelohnt hat. Die Antwort ist simpel: Auf jeden Fall! Es sind diese Art von Aufträgen, die einem noch eine Weile im Gedächtnis bleiben. Eines verdeutlichen sie einem besonders: Dass man einen der besten Jobs auf der Welt hat.
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